Die Entdeckung von mindestens 130, vielleicht sogar mehr als 200 vollkommen neuen Froscharten ist das Ergebnis einer umfangreichen Untersuchung der Amphibienwelt Madagaskars.
Die Amphibienfauna von Madagaskar steht mit ihren heute etwa 250 bekannten und beschriebenen Arten bereits seit 1992 im Mittelpunkt des Interesses deutscher Forscher. „In den letzten 15 Jahren haben wir über 100 neue Froscharten aus Madagaskar entdeckt und wissenschaftlich beschrieben“, erläutert Dr. Frank Glaw, Amphibienspezialist an der Zoologischen Staatssammlung München. „Wir dachten, dass wir damit die meisten Arten kennen.“ Doch die Sammlung von beinahe 3000 Fröschen und Kaulquappen in den verschiedensten Regionen Madagaskars zeigte, dass dort noch viel mehr Arten leben, als bisher vermutet wurde.
Die Tiere wurden zunächst mit molekulargenetischen Methoden bezüglich ihrer Erbinformation untersucht. „Die Ergebnisse der genetischen Screenings zeigten uns sehr schnell, welche Tiere sich deutlich von beschriebenen Arten unterscheiden. So konnten wir sehr effizient ‚Kandidaten-Arten‘ für weiterführende Untersuchungen identifizieren“, erklärt Dr. Katharina Wollenberg, die die Laboruntersuchungen an der Technischen Universität Braunschweig leitete.
Als Ergebnis fanden die Forscher eine so große Anzahl neuer Arten, dass sie es selbst zunächst kaum glauben konnten: mindestens 130 neue Arten madagassischer Frösche, die bislang völlig unbekannt waren, und die sowohl genetisch als auch in anderen Merkmalen gut unterscheidbar sind. Dazu kommen noch 90 weitere Kandidaten, die wahrscheinlich auch neue Arten sind, von denen es aber außer ihrer abweichenden DNA-Sequenz bislang keine weiteren Daten gibt. Solch hohe Zahlen auf einen Schlag mag der Experte bei Insekten oder anderen niederen Tieren vermuten – jedoch nicht bei Land lebenden Wirbeltieren wie den Fröschen, auch wenn weltweit jedes Jahr etwa 100 bis 150 neue Amphibienarten hauptsächlich aus tropischen Regionen beschrieben werden. Zum Vergleich: In Deutschland leben gerade einmal 20 bis 22 Arten von Fröschen und Schwanzlurchen.
Prof. Dr. Miguel Vences, in dessen Arbeitsgruppe an der TU Braunschweig die Untersuchungen durchgeführt wurden: „Viele Menschen glauben, dass wir schon längst wissen, welche Tier- und Pflanzenarten auf unserer Erde leben. Dabei hat das Jahrhundert der Entdeckungen gerade erst begonnen – die meisten Arten warten noch darauf, beschrieben und wissenschaftlich benannt zu werden.“
Die Ergebnisse aus Madagaskar, die in der Zeitschrift PNAS (Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA) veröffentlicht werden, sind auch für den Naturschutz von hoher Bedeutung.